Mittlerweile blicken wir immer besser durch, welche Leute welche Beziehung zueinander haben.
Mike ist der Besitzer, Ellen ist seine Frau, Darren ist der Manager, Mike und Ellen haben 4 Kinder, 3 davon leben auf der Farm: Hicky, sein großer Bruder Ben und Audrey, die jüngere Tocher. 4 weitere Kinder sind adoptiert: Dougy, die Zwillinge und noch ein Mädchen.

Luke steht in keiner Beziehung, sondern arbeitet nur hier, ebenso wie Matt 1 und Matt 2, der Franzose (eigentlich ist er Tscheche) und die zwei Deutschen.
Eine der Deutschen ist mit einem der Zwillinge zusammen und ihre Schwester ist wohl mit Darren zusammen gekommen, soweit wir das gesehen haben.

Wir sitzen am Morgen, wie üblich an unserem Tisch vor dem Van, mit den Notebooks auf dem Schoß, als Doug vorbei kommt, fragen wir ihn ein paar Sachen. Zum einen wollen wir unser selbstgebautes Bettgestell etwas kürzen, um den Beifahrersitz umklappen zu können, damit wir den geplanten Ölwechsel und Zündkerzen-Check vornehmen lassen können. Doug meint „Kein Problem“, er hat eine Akku-Kreissäge und kommt später mal vorbei, wenn er Zeit hat. Wunderbar, das erste Problem ist gelöst und jetzt brauchen wir nur noch destilliertes Wasser für die Autobatterie. Er meint, dass wir das Wasser aus dem Hahn nehmen können, da sind wir uns aber nicht so sicher…

Doug geht ein Stück weiter und wechselt eine kaputte Bodendiele auf der Terrasse aus. Als er fertig ist, kommentieren wir seine Arbeit mit „traumhaft“. Wie gesagt, wohnt Doug zeitweise in Berlin bei seiner deutschen Freundin und kann daher etwas deutsch reden. Er kennt zwar „wunderbar“, aber das Wort „traumhaft“ kennt er noch nicht. Wir erklären es ihm, üben ein bisschen die Aussprache und als Doug mit der Kreissäge, Hammer und Akkuschrauber in der Hand weitergeht, wiederholt er dauernd das neu erlernte Wort „traumhaft, traum…haft. traumhaft!“. Sehr lustig 🙂

Immer, wenn wir ihn sehen, sagen wir nun „traumhaft“. Sein neues Wort des Tages.

Jetzt kommt eine kleine Ergänzung, die ich am Dienstag hätte schreiben sollen:

Am Dienstag hat uns Mike angesprochen, ob wir nicht mit der Gruppe aus dem Schoolcamp mitgehen können, die zum „Viking Village“ gehen, weil er dies noch nie hautnah gesehen hat, da er keine Zeit hat, selber mitzugehen und wir haben die Chance, etwas zu filmen und vorzustellen.

Also heften wir uns an Lukes Fersen und folgen ihm und den Kindern, welche in zwei Teams geteilt wurden, auf eine große Wiese. Dort holt Luke eine Paintball Pistole aus seinem Rucksack, gibt ein paar Sicherheitseinweisungen und dann schießt jeweils ein Kind aus jedem Team auf ein Teddybär ziel. Jeder Treffer gibt ein Punkt. Dann geht es weiter zum nächsten Zeil (wieder ein Kuscheltier oder eine Puppe) und es schießen wieder zwei Kinder. Danach geht es weiter ins „unbekannte Gebiet“, wo laut Geschichte ein wilder Wikinger lebt. Noch sind die Kinder vergnügt und laufen an vorderster Front, doch als der Wikinger einen beängstigenden Urschrei von sich gibt, rennen einige zurück, hinter die Eltern und Lehrer. Ein Mädchen hat sich so sehr erschrocken, dass es geradewegs den ganzen Weg entlang rennt und wiedergeholt werden muss. Dann geht es in „Sicherheit“ durch das Dickicht und wieder hört man den Wikinger schreien… So lange, bis wir auf eine Lichtung kommen, keiner etwas böses ahnt und der Wikinger bekleidet mit Kettenhemd, Helm und Axt in der Hand auf die Kinder zu rennt. Matt, der sich als der Wikinger verkleidet hat, rennt den anderen Matt, der zur Begleitung mitkam um und schmeißt ihn ins Gras und die Kinder flüchten vor ihm, bis er den Helm abzieht und alle lachen.

Matt ist der perfekte Typ für so etwas, da er lange blonde Haare hat, mittelalterlich angehaucht ist und daher das Kettenhemd, die Axt und ein paar Schwerter hat.

Matt und Matt

Als Matt einem Kind das Kettenhemd in die Hand gibt, damit es fühlen kann, wie schwer es ist, zieht es das Kind fast bis auf den Boden runter, da es doch schwerer ist, als gedacht.

Anschließend bauen sich die Kinder aus Zeitungspapier und Klebeband ihre eigenen Schwerter und erlernen die Kunst des Schwerkampfes. Die andere Hälfte der Kinder lernt mit Luke das Bogenschießen. Nach einem Wechsel der Gruppen, geht es später zurück zur Farm, ich schneide ein kurzes Video zusammen und am Abend zeigen wir es Mike. Er ist sehr amüsiert über Matts Auftritt als Wikinger und sein furchterregendes Geschrei aus dem Wald.

Nach dieser Ergänzung komme ich auf den heutigen Tag zurück. Matt und Miro (ein Tscheche, der auch schon länger hier lebt) kämpfen den ganzen Tag mit den Pappschwertern und Miro versucht vergeblich, Matts gekonnte Attacken zu blocken.

Um Miroslav’s Namen herauszufinden, bin ich gerade in die andere Küche gelaufen und habe die eine Deutsche gefragt, deren Namen ich auch nicht kenne… Eigentlich dachte ich, „Miro“ sei Franzose, aufgrund des Akzents, aber sie sagte mir, dass er Tscheche ist.

Als wir in der Küche Mike treffen, fragen wir nach, ob er den Lehrern, die nächste Woche kommen, bescheid gesagt hat, dass wir die Einwilligung der Eltern brauchen, aber wir kriegen keine richtige Antwort. Also hat er es vermutlich immer noch nicht erledigt, dafür soll aber die Klasse, die nochmals eine Woche später kommt, Unterschriften eingeholt haben.

Da Mike heute auch noch einkaufen gehen wollte, haben wir eine lange Einkaufsliste geschrieben, damit er uns etwas mitbringt und wir nicht selber fahren müssen. Wir fragen immer wieder nach, aber er ist beschäftigt und meint, wir sollen später noch einmal kommen. Das geht so lange, bis ich Doug die Liste gebe, damit er sie zusammen mit seiner Liste an Mike weitergeben kann. Schonmal eine Sorge weniger.

Zurück in unserem hinteren Wohnzimmer, wo wir erstmal wieder bleiben können, da über’s Wochenende keine Schoolcamps da sind, sehen wir einen kleinen Vogel (etwa so groß, wie eine Meise), der auf der Lampe sitzt und immer wieder durch den Raum fliegt. Wir erfahren, dass dieser Vogel hier schon seit drei Monaten täglich her kommt, um Fliegen zu fressen, er hält Ausschau und verfolgt die Fliege im Flug so lange, bis er sie hat. Eine blitzschnelle Verfolgungsjagd, die genau so schnell vorbei ist, wie sie angefangen hat.

Ich gehe in die vordere Küche, um mir einen Kaffee zu machen an der Kaffeemaschine, aber keiner, der anwesenden kann mir sagen, wie sie funktioniert. Also versuche ich mal rum. Anfangs hört es sich gut an, doch dann wird irgendwie doch nichts draus, egal was ich drücke. Es läuft darauf hinaus, dass ich mir aus Pulver einen Instantkaffee mache.
Matt, der „Wikinger“ kommt vorbei und hat eine Flasche seines selbstgebrannten Schnapses dabei. Ich probiere eine „bottle cap“ voll und er sagt mir, dass der Schnaps 80%vol hat, das schmeckt man!

Anschließend erfahre ich von Doug, dass Mike heute doch nicht einkaufen geht, morgen aber bestimmt. Außerdem soll es heute Abend eine große Party für Audrey geben, da sie heute ihren 13. Geburtstag hat.

Ich setzte mich zurück in das Wohnzimmer, Sebastian programmiert fleißig und ich sortiere die Fotos in meiner Aperture-Mediathek. Damit sind wir erstmal eine Weile beschäftigt.

Dougy kommt und fragt, ob wir wieder Fußball spielen wollen. Da sagen wir nicht nein und Reese, der Engländer, Robyn, die Amerikanerin, Dougy und seine Brüder und wir stellen uns auf. Ein heißes Spiel entbrennt und wir spielen über eine Stunde lang bis es 14:8 steht. Sebastian und ich haben uns bei einem Schuss die Füße gegeneinander gehauen und mein Fuß hat den ganzen Abend lang ziemlich weh getan!
Nach dem Spiel sind für die nächsten 30 Minuten alle Duschen besetzt und wir stehen an, um uns gute Plätze zu sichern.

Später am Abend machen wir uns mal wieder eine Suppe und die zwei Schweden kommen dazu und machen sich ihr Essen. Am Tisch reden wir etwas über ihren und unseren Trip, als Ellen rein kommt und uns zu einem Stück Geburtstagskuchen einlädt.

Drüben in der anderen Küche, sitzen schon alle anderen bereit, die Kerzen auf dem Kuchen werden angezündet, das Licht ausgeschaltet und als Audrey rein kommt, singen alle für sie. Anschließend gibt es lecker Kuchen und Eis. Das Eis hier ist schneeweiß. Es soll wohl Vanille sein, aber Vanilleeis kennen wir nur gelblich mit kleinen Vanillekörnchen drin. Hicky sagt, dass dies normale Vanille wäre, das was wir meinen heißt hier „french vanilla“.

Hicky hatte vorher schon angekündigt, dass er versucht, von seiner Schule eine Kamera zu leihen, da er auch Fotografie als Unterrichtsfach hat und sich sehr dafür interessiert. Heute Abend hat er die Kamera endlich bekommen – es ist eine analoge Spiegelreflexkamera und wir geben ihm eine kleine Einführung und ein paar Tipps zur Kamera. Er hat noch keinen Film, kann aber in der Schule einen kaufen. Zum Glück kennen wir die ganzen Kameraausdrücke, wie „aperture“, „shutterspeed“, „sharpness“, nur „depth of field“ (Schärfentiefe oder Tiefenschärfe oder Tärfenschiefe?) wollte uns einfach nicht einfallen.

Wie es scheint, wird aus der großen Geburtstagsparty nichts mehr und nach und nach löst sich die Runde auf. Wir spielen noch etwas „Shithead“, das lustige Kartenspiel, das Jordan uns beigebracht hat. Diesmal aber mit „advances rules“.
Nach zwei Runden machen auch wir uns auf den Weg ins Bett. Das „Freiluft“-Klo ist die perfekte Therapie für mich Arachnophobiker, neben einem sitzen überal die großen Spinnen und hinter dem Spiegel guckt ein dickes schwarzes Bein hervor, eieiei!

Morgen soll es laut Wetter-App regnen und manche Leute haben noch ihre Wäsche draußen hängen, also geht Sebastian rüber zu den Zelten und ruft, dass es regnen wird. Aus den Zelten hört man Gelächter und alle machen sich über den „German weatherman“ lustig.
Robyn und ihre Freundin (die zwei Amis) holen dann doch ihre Wäsche rein. Reese und seine Freundin (die Engländer) entscheiden sich dagegen. Die werden schon sehen, was sie davon haben…